A T E M R A U M
Atemtherapie
Atemschulen
Atembewegung
Atem u. Information
Bücher
Veranstaltungen
Wir über uns
Übersicht
Aus

Nicht nur das Amalgam

...Selten hat ein wissenschaftlich und gesundheitspolitisch umstrittenes Thema so sehr die Gemüter erhitzt wie die Frage nach der Schädlich­keit des Amalgams. Dieser technisch bestens zu ver­ar­beit­ende Zahnfüllstoff ist in 90 Prozent aller Zahnfüllungen enthalten. Das Zertifikat „unbedenklich“ ist ihm vornehmlich wegen seiner toxisch wirksamen Inhaltsstoffe abgesprochen worden. Amalgam enthält das Ner­vengift Quecksilber und - wie das „Billiggold“ Palladium - die giftigen Schwermetalle Zinn, Zink, Kupfer, Nickel und Cadmium.

Dokumentiert sind schwere Amalgamvergiftungen, die als seltene Einzelfälle betrachtet werden. In­zwischen räu­men auch Toxikologen mögliche Beeinträchtigungen durch den Zahn­füllstoff Amalgam ein. Die vielen Facetten der Vergiftung durch Schwermetalle hat der klinische Toxikologe Max Daunderer dargelegt. Grundsätzlich zu beachten ist, dass das Entgiftungsenzym für die Glutathion-S-Transferase bei vielen Menschen gänzlich fehlt oder nur in unzureichender Menge vorhanden ist. Jeder reagiert bereits des­halb anders auf Schwer­metalle.

Soweit die Amalgamfrage in der Vergangenheit wissenschaftlich bearbeitet worden ist, sind die Ergebnisse widersprüchlich und oftmals ungereimt. Eine frühe Untersuchung über mögliche Belas­tungen durch das Amalgam relativierte die im Mittelpunkt stehende Toxizitätsfrage. Sie ergab, dass regelmäßige Fischesser zur Gruppe jener Menschen gehören, die am meisten Quecksilber im Körper re­sorbieren. Dass der Organismus durch Amalgam belastet wird und ihm deshalb zuzuschreiben ist, Leistungs­schwäche und Unruhe oder Erschöpfung und Depression sowie in beunruhigendem Ma­ßen zunehmende allergische Reaktionen hervorzurufen, konnte bislang nicht nach den Regeln der medizinischen Statistik gesichert werden. Hierzu existieren lediglich Einzelfallstudien, die von medizinischen Außenseitern angefertigt worden sind.

Dass sich das mit Silber legierte Quecksilber und andere Schwer­me­talle aus den Amalgamplomben herauslösen könn­­ten, wird von der anorganischen Chemie theoretisch für unmög­lich erachtet. Nach­­dem man gegenüber der Öffentlichkeit lange bestritten hatte, dass die Amalgamfüllungen Quecksilber in den Speichel abgeben, hat die 1997 abge­schlossene  „Tübinger Studie“ nachgewiesen, dass ge­rade dies doch geschieht. Auch wenn man in unerwartet hoher Menge Quecksilber im Speichel gefunden hat, ist allein durch den Spei­cheltest nicht sichergestellt, ob und in welchem Maße dieses vom Organismus resorbiert wird. Hierzu hätten sowohl begleitende Blutuntersuchungen angestellt als auch Pathologen befragt werden müssen, was der private Auftraggeber dieser in der Öffentlichkeit am meisten bekannt gewordenen Studie, „Der Bund für Umwelt und Naturschutz“, nicht mehr hätte tragen können.

Auch andere Untersuchungen, die schon früher in den neunziger Jahren erstellt worden sind ohne dass die breitere Öffentlichkeit von ihnen Notiz genommen hätte, bestätigen ebenfalls, dass durch Kau­be­las­tungen und nahrungsbedingte Erwärmung geringe Queck­­silber­men­gen freigesetzt werden können und in den menschlichen Or­ganismus gelangen. Auch wird ein signifikanter Zu­sam­menhang zwischen der Anzahl der Amalgamfüllungen und der Queck­sil­ber­kon­­zen­tration in Urin und Blut nach­ge­wiesen. Da die dabei ent­­­ste­­hen­de Quecksilberbelastung  weit unter dem von der WHO empfohlenen toxikologischen oder dem arbeitsmedizinischen Grenzwert liegt, der in Deutschland gilt, ziehen Zahnmediziner und Toxikologen den kühnen Schluss, dass die Gesundheit der Allgemeinbevölkerung durch die verhältnismäßig geringe Zusatzbelastung nicht bedroht sei.

Amalgam ist übrigens das am meisten untersuchte Zahnmaterial. Über die biologische Wirkung der sonstigen auf dem Markt be­find­lichen Metalllegierungen, Porzellane, ­Kunststoffe und Glasionomere sowie Zemente, Kleber, Zahnlacke und Kunstharze exi­stieren bedeutend weniger wis­senschaftliche Untersuchungen. Außerdem ist nur für das Amalgam, nicht aber für die an­deren von Zahnärzten und Kieferorthopäden verwen­deten Werk­stoffe ein Prüfverfahren vorgeschrieben, das beim Bundes­gesund­heits­amt zu do­kumentieren ist. Wenngleich in den letzten Jahren die Her­steller ihre Materialien testen ließen, so erfolgt die Wahl der zahnärztlichen Werkstoffe noch weithin ohne genügend gesicherte Kenntnisse über Korrosions­fe­stigkeit und Gewe­bever­träg­lichkeit sowie mögliche allergische Reak­tio­nen und Kanzero­genität.

Da aufgrund des meist leicht sauren Milieus im Mund zwi­schen den ver­schie­denen Metallen ein galvanisches Element entsteht, dessen Elektrolyt der Speichel ist, sind inzwischen selbst Edelmetall-Legierungen in die Kritik geraten. Sie können ebenfalls Auf­lösungs­er­scheinungen zeigen. Wegen der Schwermetalle, die nicht nur im Amalgam und Palladium, sondern auch in Goldlegierungen enthalten sind, droht deshalb die Gefahr der allergischen Reaktion und Intoxikation. Was galvanische Ströme außerdem für das Nervenkostüm, den Haushalt der Hormo­ne und Transmitter so­wie die energetischen Regu­la­tio­nen bedeuten, ist bis­her noch keine systematische Frage der medizinischen Wissenschaften.

Seit das Amalgam verrufen ist, werden zunehmend Kunststoffe verwendet. Sie sind für größere Füllungen verpönt, weil sie nicht so haltbar und nicht so eben wie das Amal­gam an den Rändern ab­schließbar sind. Sie werden jedoch schon lange für kleinere Füllungen, besonders am Zahnhals und an Vorderfrontzäh­nen, verwendet. Derartige biologisch aktive poly­mere Verbindungen sind außerdem in Verätzungsmitteln, Füll- und Befestigungskompositen, Ver­sie­gelungsmaterialien und in den Klebern für Zahnspangen enthalten. Sie finden sich gleichfalls in Umman­telungen von Porzellan-Inlays und in den für deren Implantation verwendeten Kle­bern. Außerdem werden Kronen mit Kunst­stoff verblendet. Oftmals sind Kunst­stoffe aber auch in Zahnzementen sowie Unterfüllungen und aufgebrannten Kera­miken enthalten, ohne dass sie besonders deklariert würden.

Inzwischen beginnen sich auch die Berichte über die Schädlichkeit der biolo­gisch aktiven Polymere in Zahnwerkstoffen zu häufen. Längst sind Kunst­stoffe als allergieauslösend be­­­kannt. Sind die­se in die Mundhöhle einge­bracht, ist der Al­lergienach­weis - wenn überhaupt - nur schwer zu erbringen. Manches Material ent­hält bis zu 40 Bestandteile und oftmals wird deren Zu­sam­mensetzung von den Anbietern unter der Hand verändert. Selbst Zahnärzte wissen meist nicht, was alles in den von ihnen verwandten Materialien enthalten ist. Und kaum ein Patient ist darüber informiert, was er alles im Mund hat.

Kritisiert wird bei Kunststoffen besonders das Ausgasen von Restmonomeren, die ähnlich wie Lösungsmittel wirken, nämlich schleimhautreizend, allergieauslösend und neuro­toxisch. Obgleich das Ausmaß austretender Restmonomere durch eine verlängerte Aushärtungszeit der hergestellten Zahnprothesen verringert werden könnte, wird dem keineswegs in jedem Labor Genüge getan. Die Blau­licht­här­tung in der Mundhöhle scheint ebenfalls ungenügend und könnte durch den Lasereinsatz entscheidend verbessert werden.

In den neunziger Jahren gerieten polymere Verbindungen zuneh­mend in den Ver­dacht, krebserzeugend zu wirken sowie die hormonel­le Regulation zu stören. Hierzu liegen einige – allerdings noch viel zu wenige - Studien vor. So wurde ein deu­tlich zellschä­di­gender Charak­ter nachgewiesen ( Medizinische Hochschu­le Han­nover 1993 und Universität Ulm 1996 , 1998). In einer spa­­ni­schen Studie (Universität Granada 1993), deren Ergebnisse durch Untersuchungen der Dänischen Zahnärztlichen Hoch­­­schule bestätigt worden sind, musste festgestellt werden, dass die Kunststoffe durch die Säuren und die Basen in der Mundhöhle angegriffen werden und sich infolgedessen im Speichel mehr als bisher angenommen Abbau­produk­te befinden, die selbst bei hundertfacher Verdünnung eine krebsfördernde Wirkung haben.

Die vornehmlich von der Naturheilkundebewegung forcierte Debatte um das Amalgam verdeckt, dass ein Großteil der Gründe, die gegen den Einsatz dieser Metall­legier­ung sprechen, auch den vehementen Widerspruch gegen Kunststoffe als Zahnwerkstoff hervorrufen müsste. Außerdem wurde durch die Amalgamdebatte der notwendige Blick auf die Biotauglichkeit aller verwandten Zahn­werk­stoffe vernebelt. Dieser Problematik stellen sich bislang ledig­lich erfah­rungsheilkundlich orientierte Ärzte und Zahnärzte, vor al­lem jene, die mit der Elektroakupunk­tur arbeiten. Es bedarf offenbar eines grund­legend anderen Wissen­schaftsver­ständ­nisses, um das Un­vorstellbare zu denken, dass schulmedizi­nisch korrekt re­pa­­rier­te Zähne gesundheitsschädigend und trotz großen For­schungsaufwandes produzierte Zahn­werk­stoffe biologisch unverträglich sein können.

Dentalmaterialien sind keineswegs immer so verträglich, wie es vom Standpunkt der konventionellen Zahnmedizin (Prothetik, konservierende Zahnheilkunde) und der Werkstoffkunde aus  wünschenswert erscheint. Auch wenn inzwischen die Herstellerfirmen von zahnärztlichen Werkstoffen nach international anerkannten Standards Biokom­patibilitätsprüfungen vornehmen bzw. sie durch­führen lassen, entstehen trotzdem bei Patienten Unverträgichkeitssymptome, die nach dem Wissen der Werkstoffkunde un­erklärlich sind und deren Auftreten sich nicht in die  wissenschaftlich akzep­tier­ten Testverfahren, normativen Richtlinien und festgelegten Grenz­werte einfügen lässt. Erfahrungs­heilkundlich orientierte Ärzte sehen in Zahnmaterialien den Grund, weshalb der Arzt mit Symp­tomen konfrontiert ist, die gegenüber dem traditionellen Kate­chismus des physiologischen Denkens konturlos sind.

Längst ist die Frage nach der biologischen Kompatibilität von Zahnwerkstoffen zu brisant geworden, als dass sie noch einfach weggeredet werden könnte. Selbst der für zahnärztliche Werkstoffe zuständige Abteilungsleiter bei Degussa, der Berliner Hochschullehrer Klaus Dermann, mahnte Anfang der neunziger Jahre sachte ein Umdenken an. „War es früher nur die Funktionsfähigkeit, die überhaupt von Interesse war, kam nach und nach die Frage der Äs­thetik mit ins Spiel. Patienten wollten ,natürlich aussehenden’ Zahnersatz. Doch vor we­nigen Jahren rückte eine völlig neue Komponente in den Vordergrund: Die Frage der Verträglichkeit. ... Ich persönlich bin der Ansicht, dass die­se Ent­wicklung eben erst in den Kinderschuhen steckt und dass eine ganze Reihe von bahnbrechenden Neuerungen und Erkenntnissen auf diesem Sektor ins Haus steht“ („Funktion, Ästhetik und biologische Verträglichkeit“).

   Textanfang

   Inhaltsverzeichnis “Ruinöse Zahnwerkstoffe”