Im Körperwissen belegt Klara Wolf hat ihre atemgeführte Gymnastik anatomisch-physiologisch untermauert Klara Wolf, Integrale Atemschulung, Bern 1968
Eine imposante Integration von Bewegungs- und Atemschulung und deren physiologische Begründung ist Klara Wolf gelungen, die zunächst vom Tanz
herkam. Ende der zwanziger Jahre war sie Schülerin der legendären Mary Wigman in Dresden. Bei Trudy Schoop in Zürich, deren tänzerisch-pantomimischen Aufführungen in den dreißiger Jahren Furore machten,
vollendete sie ihre Ausbildung und wurde Leiterin der Schoop-Ballett-Schule. Damals entdeckte sie, dass der Tanz nicht ohne einen lebendigen Atem fließen kann, Bewegung und Atem innerlich verbunden sind.
Später sollte sie durch den tschechischen Arzt Dr.Sucek auf die ganzheitlichen Aspekte von Menschenbildung und Medizin aufmerksam gemacht und
ermuntert werden, den zivilisationskritischen Impuls ihrer Arbeit in therapeutische Bedürfnissen und naturwissenschaftliche Erklärungen zu überführen. Nach ihrer Methode erbrachte präventive und therapeutische
Leistungen werden seit 1951 durch die schweizer Kassen ersetzt.
Die integrale Atemschule ist eine außergewöhnlich qualifizierte Körpererziehung mittels einer Atemführung. Sie strebt an, alle Kräftegruppen
des Organismus zum vollen Einsatz zu bringen und aufeinander abzustimmen. Im Atemrhythmus ausgeführte Leibesübungen sollen den Atem-, Halte- und Bewegungsapparates stärken und zugleich vegetative, psychische und
mentale Funktionskreise ausgleichen und stabilisieren. Atemtechnische Bemühungen werden nach den Erfahrungen von Klara Wolf erst fruchtbar, wenn sowohl die stoffwechsel- und kräftemäßigen Wechselwirkungen
zwischen der Atmung und dem Halte- und Bewegungsapparat als auch die Beziehungen zwischen der tonischen Muskelsteuerung und der Erlebnis- und Gedankenwelt vertieft und ausgeschöpft werden.
Werden gymnastische Übung und Atemführung miteinander verbunden, so kann die gewebliche Spannungsregulation an der nervalen Peripherie und die der
Formatio retikularis beeinflusst werden. Zwischen dem Körperinneren und der äußeren Umwelt vermitteln die Eigenreflexe. Dehnung und Druck, die Prototypen zwangsläufiger vom Willen und Bewusstsein unabhängigen
Reflexvorgängen, rufen Atem hervor. An der nervalen Peripherie existiert aufgrund des tierischen Erbes eine relativ eigenständige Beeinflussmöglichkeit des Atems, die von unten nach oben wirkt, vom Fundament der
peripheren Sinnestätigkeit das Atemzentrum beeinflusst. Denn die Reizfähigkeit der spindelförmigen Rezeptoren wird in den Muskeln durch eine spezielle Nervenfaser, die Gammanervenfaser, eingestellt,
die selbst von dem muskulären Gesamtonus oder der Qualität der Atembewegung abhängig ist.
Auch die Retikularformation verantwortet den Zusammenhang von Atem und Bewegung. Dieses Nervengeflecht mit verschiedenen Kernen wächst aus dem
Stammhirn heraus und ist mit dem Zwischenhirn sowie dem Großhirn elektrisch und chemisch verschaltet. Die Formatio reticularis bedenkt über seine Erregungsgrade Muskelspannungen, reguliert damit die Maße der
Wachheit, der Aufmerksamkeit und des Körpergedächtnisses und ist - zugespitzt ausgedrückt - ein Subsystem der Atemfunktion. Indem sich über die retikulären Subsysteme leibliche Zustandsbefindlichkeiten in
seelische Wahrnehmungen transformieren, erfahren letztendlich alle willkürlichen und bewussten Akte einen Rückhalt in der muskulären Spannungsregulation oder besser den Hintergrundsempfindungen, die mit der
Atembewegung gegeben sind.
Die wolfsche Schulung erkennt in den neuralen Bedingungen wichtige Angriffspunkte der Bewegungstherapie. Reflektorische und reizmäßige
Beeinflussung sind möglich, um den sowohl für eine ausgewogene Leistung als auch für eine ausgiebige Erholung notwendigen SpannungsausÂgleich herbeizuführen. Ein verbesserter Atem-, Halte- und Bewegungsapparat
wirkt zudem auf die Kreislauforgane, das Drüsensystem und den Stoffwechsel und setzt Funktionsreize für alle um das Zwerchfell liegenden Organe, deren Tätigkeit mit dem Atemrhythmus in funktioneller Verbindung
steht.
Klara Wolfs begründete ihre Atemgymnastik , indem sich sich auf den Standpunkt des objektiven Körperwissens stellt. Die dabei
entstehende Kluft zur pädagogischen Praxis des Erlebens, in der mit einem subjektiven Erfahrungswissen, einem Leibwissen umgegangen wird, das in der persönlichen Stellung des Übenden wurzelt, nahm sie damit
allerdings nicht nur in Kauf. Indem sie damit diesen Grundsatzkonflikt in der Schwebe hielt, konnte es ihr auch gelingen , im schweizer Gesundheitssystem mit ihrer Erfahrungsarbeit Beachtung zu finden.
Auch hier gilt letzten Endes. Wenn sich die Atemgymnastik von der herkömmlichen Gymnastik unterscheiden soll, dann muss die Art und Weise der
Weitergabe, der personale Bezug im Verhalten zur eigenen Bewegung auch hier eine eigenständige Wirkungskraft entfalten. Die einzige Kontraindikation, welche die Schule für ihre Methode angibt ist: fehlende
Bereitschaft an sich zu arbeiten.
Zur Autorin:
Klara Wolf, geb. Bader, erblickte 1909 in Zürich das Licht der Welt. Sie heiratete 1940 und hat vier Kinder geboren, die später die Arbeit der
Mutter als ein eigenes Anliegen weiterführen sollten.
Ausbildung bei Mary Wigman und Trudy Schoop, Leiterin der Schoop-Ballett-Schule.
1940 eigene Atemschule in Zürich
1951 Kassenzulassung in der Schweiz
1959 Gründung des „Bundes Schweizerischer Atemlehrer“, der sich heute „Internationaler Fachverband für Integrale Atem- und Bewegungsschule
IAB Methode Klara Wolf“ nennt..
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